Freitag, 19. September 2014

Fixateur exitus

es ist als wären mir beide Beine gebrochen und noch etwas tiefer im Stand.
Der Grund dafür ist der Fixateur. Externe übrigens.
Für Luise. A ls Rat einer Ärztin zu ihren vier cm Oberschenkelverkürzung links.
Was soll ich nun tun? Mich informieren. Überlegen, und planen, wann die beste Zeit für sie ist mit einer Metallstange verschraubt zu werden. Ich kann den Gedanken nicht ertragen. Und ich muß alleine da durch. Gespräche mit meinem Mann sind niemals stärkend und statt mich zu stützen ätzen sie meine Nerven.
Es geht um Luise. Die Kleine Einhörnin. Dieses pfiffige Wesen, voller Phantasie und voll Sorgen.
Was soll ich nur machen? Bei ihr spüre ich mit. Ich will nicht, dass sie Metall aus ihrem Oberschenkel ragen hat, dass sich entzündet und täglich sauber gehalten und behandelt werden muß. Nicht diese Methode für ein halbes Jahr. Um am Ende was zu haben? 5 cm längeres Bein. Das drei Jahre darauf vielleicht wieder nicht mitgewachsen ist?

Die Last ist erdrückend. Ich habe davon geträumt. Natürlich macht die Ärztin mir das Verfahren schmackhaft. Aber mir ist der Appetit vergangen. Ich kann mir nicht helfen. Nicht bei Luise. Bitte lass uns da raus. Aus dieser Kammer des Grauens.

Es sitzt mir tief im Gebein. Diese schreckliche Apparatur. Natürlich will ich nicht, dass sie schief und schiefer wird. Auch nicht, dass sie noch mehr hinter ihren Freundinnen zurückbleibt. Gerade habe ich sie Hand an Hand gehen sehen. In der Reihe der Vorschulkinder, die heute die Grundschule besuchen. Sie so klein. So fein. Und doch so groß was Stärke und Temperament angeht. Keiner hat mit dieser Inbrunst gewunken. Gerufen, tschüss Mama. Keiner war auch nur annähernd besorgt, gedankenschwer, aufgeregt.
Meine Tochter geht mir unter die Haut. Ich kann nichts dafür. Das war bei der Amputation so und jetzt ist es wieder deutlich zu spüren. Die Verknüpfung von ihr zu mir. Diese unsichtbaren Seile. Zieht etwas an ihr, falle ich um. Und so ist das jetzt. Die Aussicht auf den Fixateur reißt mich um.
Ich bin mitten drin gebrochen. Und dabei haben wir nicht mal Frakturen der Knochen.
Mein Wunsch ist, dass sie nächstes Jahr unbeschwert die Schule beginnen kann. Ohne Schrauben im Körper und Metallschienen am Bein. Sie hat schon genug Sorgen mit dem normalen Alltagsprogramm. Wie kann sie standfest und selbstbewußt werden, wenn ihre Kindheit sie immer wieder geißelt, ihr Ketten anlegt? Ich möchte, sie glücklich und lachend sehen. Es steht viel auf dem Spiel. Sie ist so ein empfindsames Mädchen. Die Schrecken des Erlebten hinterlassen ihre Spuren in ihr. Eben weil sie so wenig Schutzmauern hat. Sie kommt mir vor, wie ein transparentes Wesen, das sich nirgendwo verbirgt, weil es die Welt ungefiltert wahrnehmen will, weil es nicht dicht machen kann.

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